Hand aufs Herz: Habt Ihr Euch schon mal etwas eingehender mit der Geschichte der Hugenotten und Waldenser beschäftigt? Nein? So ging es mir auch… Eine Reise auf dem Hugenotten- und Waldenserpfad hat das geändert.

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Das Hugenottenkreuz

Denn der Hugenotten- und Waldenserpfad, auf dem ich ein Stückchen durch das Marburger Land, den Kellerwald, den Burgwald und durch die Schwalm-Aue wandern durfte, strotzt nur so vor Geschichte und Geschichten, vor Natur und Landschaft und vor ursprünglichen Dörfern in denen die Kultur der Hugenotten und Waldenser liebevoll bewahrt und gelebt wird.

Geschichtliches

Und, was die Geschichte für diesen Blog und seine Leser interessant macht: sie beginnt quasi an der Lahn, nämlich in Marburg. Denn Landgraf Phillip der I., genannt der Großmütige, wurde nicht nur in Marburg geboren und gründetete dort auch im Jahre 1527 die Universität, sondern er versuchte auch die Reformationsbewegungen zu stärken indem er Martin Luther und seinen Gegner Ulrich Zwingli zum Marburger Religionsgespräch ins Schloß lud (1529). Dort wurde zwar nicht in allen Punkten eine Einigung erzielt aber es wurden große Fortschritte  gemacht.

Die "Reformatoren" werden von Landgraf Phillip empfangen
Die “Reformatoren” werden von Landgraf Phillip empfangen (Phillips-Universität Marburg)

Ganz kurz gesagt trug dies dazu bei, dass tausende Hugenotten- und Waldenser, die als französische Protestanten Ende des 17. Jahrhunderts ihr Heimatland Frankreich aus Glaubensgründen verlassen mussten, in der Region Ihre neue Heimat fanden. Menschen auf der Flucht vor Gewalt und Verfolgung – und so hat die Geschichte der Hugenotten und Waldenser einen realen Bezug zur Gegenwart. Denn auch sie waren nicht überall willkommen, bekamen sie doch in Nordhessen kostenlos Land zur Verfügung gestellt und wurden in den ersten Jahren von den Steuern befreit. Das erweckte natürlich Neid und Mißgunst vieler, die seit langem in der Region wohnten. Die Hugenotten- und Waldenser mussten “integriert” werden. Und dies dauerte eine lange Zeit wie wir auf unserer Reise durch verschiedene Hugenotten- und Waldenserkolonien erfahren durften. Noch mitten im vergangenen Jahrhundert wurden die Hugenotten- und Waldenser als “Franzosen” beschimpft.

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Gelebtes Brauchtum in Hertingshausen

Der Weg in die Freiheit

Den Integrationsgedanken greift der Kulturfernwanderweg “Hugenotten- und Waldenserpfad” auf, der über 1800 km dem realen historischen Fluchtweg der Hugenotten aus der Dauphiné von Poët-Laval im Drôme-Gebiet über Genf nach Baden-Württemberg, und ihrem weiteren Weg durch Hessen bis Bad Karlshafen folgt. Kurz vor der schweizerischen Grenze stößt auch der Fluchtweg der aus den piemontesischen Tälern kommenden Waldenser auf diesen Weg der Hugenotten. Der “Hugenotten- und Waldenserpfad ist Teil des Kulturrouten-Programmes des Europarates. Dieses Programm hat das Ziel, den Erlebniswert des Kulturraumes Europa sichtbarer, wertvoller und lebendiger machen.

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Das Wappen der Waldenser: Das Licht leuchtet in der Finsternis

Der deutsche Anteil des Weges ist ca. 1000 km lang und führt von Schaffhausen bis nach Bad Karlshafen. Dazu kommen noch einige “Wegschleifen”. Die gesamte Wegstrecke in Deutschland ist markiert und beschildert. Ziel ist es, ein hohes Qualitätsniveau zu erreichen, bei einem Teil der Wegstrecken handelt es sich bereits jetzt um zertifizierte Qualitätswanderwege.

Ist das nicht alles furchtbar langweilig?

Geschichte, Politik… das ist doch alles zäh und langweilig. Nein, nicht am Hugenotten- und Waldenserpfad. Hier wird die Geschichte aktiv gelebt. Vereine und Dorfgemeinschaften halten das Brauchtum lebendig. Die Kirchen, die alten Schulen… die Balkeninschriften zeugen von der Vergangenheit. Alte Fachwerkhäuser, Rezepte aus der früheren Heimat. Bibeln, die auf der Flucht versteckt werden mussten, Kleine Museen, Hugenottenkreuze und und und… Die abwechslungsreiche nordhessische Hügellandschaft tut ihr übriges um die Wanderung auf dem Hugenotten- und Waldenserpfad zu einem Erlebnis machen.

Tag 3 -- 0026
Balkeninschrift

Der Weg ist bestens markiert, zahlreiche Wegweiser mit exakten Entfernungsangaben informieren den Wanderer. “Orte der Stille” laden zum Rasten und zur Besinnung ein.  Übernachten bei zertifizierten Gastgebern, kulinarische Highlights wie die Quiche Lorraine und vor allem die “Stracke” bzw. “Ahle Worscht” lassen mir jetzt noch das Wasser im Munde zusammen laufen. Und nicht zuletzt: die Gastfreundschaft, die  uns allenthalben entgegengebracht wurde, war überwältigend.

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Bestens markiert und ausgeschildert
Zertifizierte Gastgeber
Zertifizierte Gastgeber

Fortsetzung folgt!

In den nächsten Tagen werdet Ihr hier erfahren, was wir auf unserer Reise erlebt haben. Es war einfach zu viel, um es alles in einen Blogartikel zu packen. Mit von der Partie waren übrigens Lynn von Lieschenradieschen reist, Christina von Trip to the Planet und Frank, Der Outdoortester – auch auf diesen Seiten werdet Ihr spannende Berichte über den Hugenotten- und Waldenserpfad finden.

Beiträge meiner Mitreisenden:

Geschichten über Hugenotten und Waldenser: eine Reise nach Hessen

Hugenotten und Waldenser in Hessen: der Weg in die Freiheit 

Das Lengeltal: eine Wanderung in Nordhessen


Diese Reise fand auf Einladung des Hugenotten- und Waldenserpfad e.V. statt und wurde von der Hessenagentur (Hessentourismus) unterstützt. Dafür meinen allerherzlichsten Dank! Die Kooperation mit dem Veranstalter hat meine Berichterstattung aber in keinster Weise beeinflusst und ich gebe hier ausschließlich und ehrlich meine persönlichen Eindrücke wieder.

Transparenz und Offenheit sind mein Credo und somit Verpflichtung beim Verfassen aller meiner Artikeln, dazu habe ich mich durch das Unterzeichnen des Outdoor Blogger Codex verpflichtet.

 


Der Weg in die Freiheit – auf den Spuren der Hugenotten und Waldenser
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2 Kommentare zu „Der Weg in die Freiheit – auf den Spuren der Hugenotten und Waldenser

  • 19. September 2016 um 21:10 Uhr
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    Ein toller Bericht! Ich finde so interessant zu sehen, das wir alle auf der gleichen Reise waren und trotzdem kommen ganz unterschiedliche Berichte dabei heraus.

    Liebe Grüße,
    Lynn

    Antworten
    • 19. September 2016 um 21:20 Uhr
      Permalink

      Danke für das Kompliment Lynn… die verschiedenen Schwerpunkte, Sichtweisen und Blickwinkel… das macht die Bloggerei so spannend! Hab Deinen Bericht auch mit großer Neugier gelesen und ich kann das Lob nur zurück geben!

      Liebe Grüße, Jörg

      Antworten

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